Mein liebstes kleines Wunder,
So ist die Geburt erst nur eine Ahnung.
Eine unschuldige Vorstellung,
die gelebt werden möchte.
Ein unbekannter Raum, Mutter zu werden,
den man erst noch füllen lernen muss.
Es ist ein Ungewiss.
Ein Wagnis. Ein Pakt mich sich selbst, dem Universum, dem Menschsein.
Leben erschaffen. Was bedeutet das? Die Erfahrung. Wie fühlt es sich an? Wird es einen ausmalen oder zerreißen? Wird es neu oder wie alle sagen? Wird es deine eigene Geschichte, die deines Kindes, eine gemeinsame? Oder eine völlig neue? Wer hält den Stift? Was zählt noch? Deine Partnerschaft? Vervielfacht sich die Liebe?
All das weiß man nicht. Und so geht man mutig und entschlossen, ängstlich und mit Tränen in dieses Neue, ohne zu wissen, wie es sich anfühlen mag. Voller Freude auf die Zukunft und den Neubeginn. Auf das Leben, was kommen mag. Voller Angst und Trauer, Altes loszulassen. Vielleicht auch zu verlieren. Ein neuer Mensch zu werden. Mama zu werden. Man selbst zu bleiben. Nicht etwa, weil man die Vergangenheit festhalten möchte, sondern weil es zur Transformation gehört, einen Menschen zu nähren, zu lieben, zu schützen, zu gebären. Altes loszulassen. Vielleicht auch für immer zu verlieren.
All das und vieles mehr bewegt einen. Doch Gefühle dürfen sein. An Ort und Stelle und immer. Sie müssen nicht jedem schmecken und manchmal versteht man sie erst Jahre später oder ist dankbar für sie. Eins jedoch wollen sie immer: Gesagt, gesprochen, gelebt werden. Denn nur so bleibt dein Herz frei.
Wir kommen in diese Welt, um uns etwas zu lehren. Was wird es wohl sein, das du uns lehrst? Eins ist gewiss: Ich werde immer mein Bestes geben und versuchen, was es auch ist,
es mit offenen Augen, Armen und meinem Herzen zu begrüßen.
WIE HABT IHR GEBOREN? WAS HABT IHR EMPFUNDEN? UND WIE HABEN EURE ELTERN EUCH GEBOREN?
All das ist entscheidend. Entscheidend für unser gesamtes Leben. Wird unser Tempo von Außen beeinflusst? Werden wir ruckartig und unsanft geboren? Werden wir unter Gewalt auf die Welt geholt? Werden wir liebevoll empfangen und unterstützt? Wird unsere Nabelschnur sofort abgetrennt? Werden wir direkt von unseren Eltern nach dem Erblicken der Welt getrennt? Wie ist die Atmosphäre in dem Raum, in dem wir geboren werden? Wie das Licht, die Musik, die Umstände? Vor allem aber: Fühlt sich unsere Mama sicher, geborgen, geschützt?
Denn so empfinden wir ganz Vieles von dieser Welt. Unser Start ist bedeutend. Entgegen vieler Meinungen ist es sehr wohl sehr bedeutend, wie wir auf diese Welt kommen. Durch unsere Arbeit als Schwimmlehrer erfahren wir immer wieder in ganz simplen Alltagssituationen, dass das Verhalten der Kinder im und um das Wasser Rückschlüsse ziehen lässt, wie wir geboren worden sind. Dabei ist nicht nur entscheidend, wie es den Kindern bei der Geburt oder in der Schwangerschaft erging. Sondern vor allem auch ihren Müttern und natürlich auch den Vätern. Denn nur, wenn es der ganzen Familie gut geht, gelingt ein schützender Start.
Studien haben ergeben, dass Neugeborene sich bis zum siebten Monat als eine Einheit mit ihrer Mutter sehen. Zuerst glaubt das Baby, seine Mama und es wären ein- und dieselbe Person.
Keine Art der Geburt gilt es zu verurteilen und es mag sicher sehr viele Umstände und Gegebenheiten geben, in denen eine bestimmte Art zu gebären notwendig ist. Jedoch möchte ich einen kleinen Einblick geben, was mich zutiefst erschrocken hat.
Wie gehen wir mit unseren Frauen, Müttern, Liebenden um? Was bedeutet eigentlich Krankenhaus? Was ist die Definition von Schmerz in unserer Gesellschaft?
Ich hatte keine Ahnung. Keine Ahnung, was in dem Moment der Geburt passieren würde. Keine Ahnung, welchen Hindernissen ich ausgesetzt werden würde. Keine Ahnung davon, welche Hürden uns als Familie bevorstanden. Keine Ahnung, welcher Marathon der Gefühle mich erwarten würde. Doch die Wörter "Hauptsache gesund" verlor sehr viel seiner Bedeutung und hatte starke Auswirkungen auf meine Psyche. Es mag für einige erschreckend klingen, wenn ich schreibe, dass es nicht reicht, wenn ein Baby gesund ist. Es ist ein großer Teil, aber eben nicht alles. Denn wenn es der Mama oder dem Papa nicht gut geht, dann hat das schwere Folgen für die ganze Familie.
Es ging mir gar nicht gut. Und alles, was mir immer wieder ins Gesicht geschleudert wurde, war: "Aber Hauptsache ihr beiden seid gesund." Das war der Satz, der dann kam, wenn ich Menschen meine Ängste anvertraute, meine wirklichen Gedanken. Wenn wir als Paar darüber sprechen, wie es sich für uns anfühlt und was wir während der Schwangerschaft, Geburt, im Wochenbett und jetzt erlebt haben. Wenn wir über die Realität gesprochen haben. Die Verletzlichkeit, die mit dem Elternsein einhergeht. Wenn man die Phrasen: "Nach der Geburt erwartet dich das schönste Gefühl der Welt" oder "Danach ist euer Leben vorbei" einfach nicht fühlt. Wenn beides ausbleibt. Denn hinter jedem "Hauptsache gesund" sollte man die Menschen sehen. Die weinende Mama, die es vielleicht einfach nicht fühlt, Mama zu sein. Die Mama, die eine traumatische Geburt erlebt hat. Den Papa, der seine Frau nicht wiedererkennt und der sich das Vatersein anders vorgestellt hat. Die Eltern, die nicht mehr zurück ins Leben finden. Die nichts mehr genießen können und Angst fühlen, ob es je wieder anders sein wird. Wo der Schlafentzug Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat. Da ist der Satz "Hauptsache gesund" zwar, ein netter Perspektiv-Wechsel, hilft in diesem Fall aber niemanden. Denn wenn es der Familie nicht gut geht, dann geht es dem Baby auch nicht gut.
Und so ist es doch mit all diesen Kommentaren. Sei es zur Hausgeburt oder dass man ein Baby noch mit drei Jahren stillt, ob man einen Schnuller benutzen soll, ob der Vater Zuhause bleibt anstelle der Mutter. Alles wird komisch beäugt und besser gewusst. Uns ist dabei aufgefallen, das insbesondere die Sachen, die am natürlichsten passieren, am negativsten kommentiert werden. Das hat leider sehr viel damit zutun, dass wir als Familie, als Mutter, als Vater und als Paar in dieser Gesellschaft zu funktionieren haben. Das wird von den meisten Menschen auch als völlig normal empfunden. Wir sehen deswegen so wenige Mütter lange stillen, weil sie meistens wieder arbeiten gehen sollen, müssen, wollen (was natürlich auch völlig super ist, wenn es die Mutter frei entscheidet, weil es ihr gut tut). Wir kennen so wenige Menschen, die natürlich Zuhause gebären, weil wir den Frauen Angst vor Komplikationen machen, anstelle Mut und Kraft ihrem eigenen Körper und Gefühl zu vertrauen. Wir assoziieren die Geburt mit Schmerz, weil wir es aus den öffentlichen Medien so kennen. Wir wissen wenig darüber, dass in Holland die Hausgeburtenrate 20-30% beträgt und in Deutschland gerade einmal 2%. Wir finden es als Gesellschaft immer noch größtenteils peinlich in der Öffentlichkeit zu stillen. Dabei ist es das natürlichste der Welt. Wir haben selten etwas von einer Wochenbett-Depression gehört und auch wenig über Inkontinenz und Gebärmuttersenkung nach einer Geburt. Wir wissen vorher nicht, dass wenn man zum Kinderarzt geht, kaum einen einzigen Papa sieht. Wir wissen nicht, ob eine Plazenta altern kann, ob man nach ET+10 einleiten muss oder ob es zu "große" und zu "kleine" Babys wirklich gibt.
ICH WAR GESCHOCKT
Ich war geschockt über die Verachtung einer Mutter. Über die Selbstverständlichkeit, das ein Vater halt wieder arbeiten gehen muss, Ich war geschockt über die überwältigen Hormone, die auf mich im Wochenbett ein gepurzelt sind. Ich war geschockt über die „Ich will unbedingt das Baby sehen und auf den Arm nehmen“ Kultur. Ich war geschockt über die wenigen Fragen und die vielen Aussagen. Ich war geschockt, wie viele Gründe gesucht werden, um eine natürliche Geburt zu unterbinden. Was alles getan wurde, um einer hochschwangeren Frau Angst zu machen in der Vorstellung ihrer Geburt, anstatt sie zu ermutigen. Ich war geschockt, wie viel Geld Krankenhäuser mit Kaiserschnitten verdienen. Ich war geschockt, aus welchen Gründen alles eingeleitet wird, um Geburten zu beschleunigen. Geschockt, wie einsam man sich nach der Geburt fühlt. Geschockt über die Gewalt, die während Geburten ungefragt angewendet wird. Entsetzt über die möglichen Folgen für den Beckenboden. Entsetzt über Erwartungen im Umfeld. Traurig, wie hilflos man sich fühlt. Traurig, wie wertlos man sich fühlt, weil man in der Gesellschaft als Mama allein gelassen wird, wenn man keinen „Beitrag in Form von Geld“ mehr leisten kann. Ängstlich, ob mein Körper sich erholen wird. Ängstlich, ob meine Gefühle berechtigt sind. Suchend, ob das, was ich erlebt hatte und mit dem ich mich nicht sehr wohlfühlte, das gesellschaftliche Normal war. Suchend nach Antworten, ob ich mich wehren durfte. Geschockt über das Schweigen danach. Über das Schweigen in der Gesellschaft. Geschockt, wie wenig Wissen über die Sicherheit von Hausgeburten und allgemein um das Thema natürliche Geburt existieren. Wie einfach abgenickt wird, dass die Frau, das alles halt auf sich nehmen müsste, wenn sie ein Kind kriegen wolle. Nach vielen Wochen Wut und Trauer kam die Neugier.
DER ANTRIEB IST NEUGIERDE
Und so hat mich all das neugieriger gemacht. Neugieriger, noch mehr wissen zu wollen. Mehr Bücher über Geburten zu wälzen. Zu recherchieren, wie es in anderen Ländern ist. Leitfäden lesen. Genauer zu verstehen, warum sich die Geburt so entwickelt hat. Mit Hebammen zu sprechen. Mich austauschen. Alles mit meinem Partner zu teilen. Gemeinsam neugierig werden. Gemeinsam weinen. Gefühle zu lassen. Gemeinsam aufklären. Mit den eigenen Eltern aufarbeiten. Herausfinden, was man anders machen kann. An den richtigen Stellen Dampf ablassen und reflektieren. Denn woher sollen die anderen Menschen wissen, wie man sich gefühlt hat?
Und es hat mich verändert. Vielleicht bin ich jetzt eine bessere Freundin, eine bessere Zuhörerin. Eine vorsichtigere Beobachterin. Vielleicht möchte ich nicht mehr jedem Baby, das nicht mir gehört, nah sein, weil ich weiß, dass es zwar schön wäre, aber dass für das Baby das Beste immer der Platz bei seiner Mama ist. Vielleicht schaue ich jetzt öfter in die Augen der Papas und frage sie, wie sie mit dem Stress und Druck der Gesellschaft klarkommen, eine Familie ernähren zu müssen. Wie es für sie ist, die Kinder meistens nur abends zu sehen? Wie es ist, nicht bei der Geburt oder der Zeit danach dabei gewesen zu sein? Vielleicht schaue ich Mamas jetzt an und frage sie vor dem Geschlecht und Namen des Kindes: Wie geht es dir denn?
Und das Schöne ist: Ich habe keine Angst vor den Antworten. Ich habe angefangen. Angefangen aufzuräumen, wo wir alle noch so viel zu tun haben, damit es unseren Kindern und Eltern in der Welt besser gehen wird. Auch wenn nur kleine Schritte. Ich gehe. Ich sehe lieber Tränen und höre aufrichtig zu, wie die Geburten unserer Schwimmeltern waren. Denn ich möchte sie ermutigen, dass darüber sprechen, kein Tabu ist. Dass ihr Körper ihre Intuition ist. Dass sie richtig sind, was auch immer sie fühlen. Dass man sagen darf, zu jeder Zeit und an jedem Ort, was man nicht möchte.
EIN NEUER ANFANG
So eine Tochter möchte ich ins Leben begleiten. Die sich nicht hinter gleichen Ansichten verstecken muss, um ihre Unsicherheit zu kaschieren. Die selbstbewusst auf Fehler hinweist. Die sich nicht von ihrer Intuition beirren lässt. Denn darum geht es. Dass wir unseren Kindern nicht ihre Ängste und Gefühle ausreden, sondern sie lieben und annehmen. Achten und schützen und alles dafür geben. Dass die Frauen in dieser Welt sicher und geborgen gebären können. Egal, wie das nach ihrer Vorstellung aussehen mag. Vor allem aber mit Aufklärung und ohne Gewalt. Das wir zukünftige Leben schützen und Schwangerschaft und Geburt als keine Selbstverständlichkeit nehmen. Denn dieses eine kleine Lächeln wird ein neuer Teil der großen, ganzen, weiten Welt. Ein neues Leben gilt es zu schützen. VOM SCHEIN ZUM ECHTEN
Es gibt keine perfekte Familie. Ist es nicht viel schlimmer, wie viele Familien eine Scheinwelt spielen? Wie viele Familien nicht offen über Trennung und Geburten reden? Wie viele sich schämen, für das, was sie erlebt haben. Wie viele einsam traurig sind und vielleicht nicht mit ihren Partnern oder Freunden sprechen können.
Wir haben als Gesellschaft eine Realität kreiert, die gar nicht existiert. Man ist einfach nicht immer glückliche Eltern. So wie man nicht immer glückliches Kind ist und im ganz allgemeinen nicht jeden Tag ein glücklicher Mensch. Jeder Mensch braucht seine eigene Zeit.
Wenn wir es schaffen, statt Hauptsache gesund zu sagen, zu fragen: Und wie fühlst du dich damit? Wie kann ich dir helfen? Was brauchst du? Ich sehe und verstehe dich. Dann wird sich unser gesellschaftlicher Dialog von einem SCHEINbaren in einen ECHTEN verwandeln. Mit ganz viel Authentizität. Dann fragen wir vielleicht ab und zu auch mal die Väter, wie es ihnen geht und umarmen die Mütter mehr, anstatt dass wir sie wegen jedem Kleinkram anzweifeln. Wir brauchen ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen. Also lasst uns gemeinsam anfangen.
Denn da liegt plötzlich dieser Mensch neben uns. Ein neues Leben, das wir geschaffen haben. Ein Leben, kostbar und heilig. Schon allein die Vorstellung, dass dieser kleine Mensch neben uns höchstwahrscheinlich länger auf dieser Erde sein wird als wir, lässt einen über vieles nachdenken und ehrfürchtig mit Gänsehaut diesen kleinen, winzigen, schimmernden Augenblick einfrieren, indem wir wissen, wirklich wissen, was zählt: Das Hier und Jetzt. Das Zusammensein und füreinander da sein.
geschrieben von Luise
Es ist wirklich schwer Worte zu diesem Beitrag zu finden. Sie fehlen nicht, es sind zuviele die Aufsprudeln, als wäre aus einem kleinen Bach ein reissender Fluss geworden, der über seine Ufer geht und beinahe wie wütend erscheint. Ich bin ein Vater und ja, tatsächlich finden Väter in dem ganzen Prozess nur wenig Beachtung. Und ja, der Satz:" Hauptsache gesund!" löst erlebte Traumata nicht auf. Jedoch, "man" flüchtet sich schnell und gerne in "Normalität", was bedeutet Funktionalität. Die erlebte Hilflosigkeit, das "Beiseite geschoben werden.
Selbst war ich mit gewaltsamen Maßnahmen geboren worden. Meine Mutter wurde betäubt und ich mit eine "Zange" herausgezogen. Erst Stunden nach der Geburt wurde meine Mutter wieder richtig wach und ich lag in einem Bettchen neben…