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Autorenbildlui & jay

LASS UNS GENAU HIER TREFFEN: AUF DEINER AUGENHÖHE.

Aktualisiert: 16. Nov. 2023





Wer kennt sie nicht: „Jetzt musst du aber mal!“, „Mach doch einfach!“, „Jetzt sollst du aber mal schwimmen lernen.“, „Wenn du das nicht machst, gehst du unter!“, „Mach mal richtig.“, „Dann musst du es eben lernen!“


Diese Worte klingen wie Kreidekratzen auf einer Tafel in den Ohren unserer Kinder. Sie fühlen sie nicht. Sie verstehen sie nicht und sie wissen nicht, wo sie herkommen. Und trotzdem haben wir fast alle schon mal so etwas in dieser Art gesagt. Scheiße: JA! Menschlich. Wir alle machen Fehler und doch kommen diese Sätze leider noch viel zu häufig in der Realität vor. Sie stanzen sich in die Herzen unserer Kinder und wissen nicht, wie sie da wieder rauskommen. Manchmal ein Leben lang.


AUGENHÖHE


Da stehen sie nun diese kleinen Wunder vor uns und möchten ihre ersten mutigen Schritte ins Wasser machen. Ihre ERSTEN Erfahrungen. Freiwillig oder eben nicht ganz unfreiwillig. Da stehen sie nun vor einer fremden Person, einem riesigen Wasserloch und den Sätzen ihrer Eltern. Und wenn wir dort einmal genauer hinsehen und uns auf die Augenhöhe unserer kleinen Wunder begeben, sehen wir wie GROSS dieser Schritt eigentlich ist. Da reden wir oft drüber. Es ist eben nicht NUR Schwimmtraining. Nicht NUR schwimmen lernen. Es ist mit das einzige Element, in dem die Kleinen ohne unsere Hilfe völlig aufgeschmissen wären. Es ist ein Ungewiss. Ein Pool, ein Teich, ein See, das Meer. All das wirkt aus der Höhe der Kinder RIESIG und TIEF. Und zu allem Übel sollen sie jetzt dieses Element mit einer ihnen fremden Person erklimmen. Dazu braucht es Vertrauen. Ungefähr so als würden wir mit einer fremden Person mitgehen und sie würde uns das zeigen, wovor wir riesige Angst haben. Oft sind wir auch eine der ersten Bezugspersonen außer der eigenen Eltern, denen die Kinder begegnen.


Deswegen ist Augenhöhe eins der wichtigsten Eigenschaften, die wir Eltern, Trainern und anderen Bezugspersonen mit auf den Weg geben können. Setzt euch runter, kniet euch hin und schaut euch mal alles aus den Augen eurer Kinder an. Fragt sie, was sie empfinden und wie es ihnen damit geht. Denn alles ist Perspektive.


Augenhöhe, Vertrauen und Grenzen wahren, sagen wir immer wieder.


VERTRAUEN UND BEDINGUNGSLOSE LIEBE


Das eine spricht quasi für das andere. Oft erleben wir leider, dass alles, was DAS KIND TUT, mit Belohnung und Bestrafung gehandhabt wird. Sprich schaffst du dein Seepferdchen bekommst du das. Machst du diesen Schwimmkurs gibt es eine Kugel mehr Eis. Wenn du jetzt nicht mit schwimmst, gehst du den restlichen Tag auf dein Zimmer. Das und vieles mehr tut weh. Es tut euren Kindern weh und am Ende tut ihr euch selbst weh. Denn Liebe und Vertrauen sind bedingungslos. Sie sind an keine Taten geknüpft.


Wir vergessen oft, dass unsere Kinder einfach SIND. Sie leben. Sie erkunden Dinge. Sie experimentieren und vor allem entdecken sie diese Welt. Wenn wir ihnen also ein System auferlegen, indem sie eine bestimmte Tat, mit einem bestimmten Gefühl bei Mama und Papa gleichsetzen plus einen materiellen Wert, entsteht in ihnen eine Disbalance. Ab jetzt speichern sie ihre für sie ganz natürlichen Bewegungen/Entdeckungen mit einem Wert namens Erfolg und Misserfolg ab, indem es darum geht Mama und Papa zufrieden zu stellen. Das übertragen sie meistens auf ihr ganzes Leben. Wie das Gewinnen Verlieren Spiel.


ICH gewinne, setzt IMMER voraus, dass ein ANDERER VERLIERT. Das heißt, ich baue mein Glücksgefühl darauf auf, dass ein anderer eine Niederlage erleiden muss, damit es mir gut geht. Glück, Liebe und Vertrauen sollte bestmöglich an nichts von diesen Dingen gebunden sein. Denn wichtig ist auch ohne Gewinnen sind wir bedeutungsvoll. Auch ohne Abzeichen oder dem funktionieren müssen laut Plan meiner Eltern sind WIR WERTVOLL. Wir sind bereits wertvoll ab dem Zeitpunkt unserer Geburt und weit davor, wo wir rein GARNICHTS „können“. Denn wer entscheidet überhaupt, was Erfolg ist? Warum ist ein Seepferdchen wichtiger als die Freude am Wasser? Warum ist Sicherheit und Geborgenheit mit dem Element nicht wichtiger als ein bestimmtes Ziel oder den kompletten Kurs durchzuhalten, weil er bezahlt ist.


Kinder leben nicht nach diesen Werten. Sie sind von Natur aus WERTFREI. Sie SIND. Davon können wir noch so viel lernen. Sie haben keine bösen Intentionen. Sie wollen weder unser Geld verschwenden noch uns sauer machen. Sie wissen nicht mal, warum etwas Geld kostet wie Schwimmtraining und genau deswegen sollten wir ihnen nie die Freude daran nehmen. Die Freude auch mal einen schlechten Tag haben zu dürfen, indem es nicht nach unserem Urlaubsplan läuft, die Freude menschlich zu sein, die Freude, an all den von uns bewerteten „kleinen Schritten“, die in Wahrheit die wirklich großen sind. Zum Beispiel, mit einer ihr fremden Person ins Wasser zu gehen. Dort zu lachen, dort das Wasser zu erkunden. Selbstsicherheit entwickeln, weil man sich etwas das erste Mal getraut hat oder weil man ehrlich seine Gefühle und Ängste äußern durfte. Das ist wahrer Erfolg. Denn Angst vor Strafe darf nie ein Beweggrund werden.


GRENZEN WAHREN UND ZUHÖREN.


Warum? Dein Kind ist genau so ein Mensch wie du. Egal, ob Baby, Kleinkind oder größer.

Die oberste Regel: Wenn du vor etwas Angst hast oder etwas nicht möchtest, darfst du es zu jederzeit frei äußern und musst es auch nicht machen. Wir sehen dich. Wir respektieren dich.

Das schafft Nähe und ist exakt das Umfeld, was auch wir uns für uns selbst wünschen. Warum also nicht auch für unsere Knirpse?


Druck schafft Gegendruck. Und obwohl wir alle diese schlauen Phrasen schon mal gehört haben, begegnen sie uns in der Praxis jeden Tag. Unsere Kinder entwickeln Ängste, weil wir sie auf sie übertragen. Weil wir ihre Zeit nicht achten. Ihr Tempo beeinflussen, Sie überreden. Ihnen NICHT ZUHÖREN. Ihre Symbole und Zeichen nicht richtig deuten. Sie missverstehen. Nicht genug mit ihnen kommunizieren. Denn eins ist sicher: Unsere Kinder tragen ihr Herz auf der Zunge und verraten uns, wenn sie uns vertrauen, ihr Leben. Wir müssen wieder lernen, hinzusehen. Mit Neugier und Freude auf unsere Kinder eingehen. Stolz sein, wenn sie uns über ihre Grenzen informieren, anstatt diese zu destabilisieren. Sie ernst nehmen, wie uns Erwachsenen. Sie anerkennen. Ihnen Raum lassen und sie dafür lieben, dass sie NEIN sagen.


Denn das ist etwas Wunderschönes, was uns leider oft im späteren Leben abhanden gekommen ist. Oder uns gar nicht mehr auffällt, weil niemand unsere Grenzen je gewahrt hat und es eine gewisse Normalität hat, dass man Grenzen einfach übergeht, weil es wohl von Stärke zeugt. Das wird leider in unserer Gesellschaft erzählt. Doch ist es nicht so, dass wir insgeheim die Menschen bewundern, die ihrem Chef sagen, dass sie keine unbezahlten Überstunden mehr machen, dass sie sich Hilfe mit ihrem Neugeborenen holen, dass sie etwas eben nicht alleine schaffen und das auch okay ist. Und dasselbe gilt natürlich auch für unsere Schwimmhelden.


FREIE KOMMUNIKATION ALLER GEFÜHLE UND ERKLÄREN WAS WIR TUN


Denn geben wir es einmal wirklich zu, ist es doch so: Wir alle haben Ängste. Angst vor unserem Chef, unseren Job zu verlieren, an etwas zu erkranken, den Flug zu verpassen, unsere Liebsten nicht mehr zu sehen, im Dunkeln durch einen Wald gehen, die nächste Prüfung oder der Sprung von einer Klippe. Fakt ist: Niemand ist ohne Angst. Und das ist auch gut so. Angst navigiert uns durch die Farbpalette unserer Gefühle. Sie gibt uns einen leisen oder lauten Hinweis: Das fühlt sich gerade nicht gut an. Auch wenn wir nicht immer wissen wieso, ist alles was wir dann brauchen: Einen sicheren Ort. Liebe. Verständnis. Offenheit. Das nämlich diese Angst genau da sein darf, wo sie ist. Das sie nicht kleingeredet wird. Für lächerlich erklärt. Abgetan oder schlimmstenfalls einfach übergangen wird.


Wenn wir mal ganz genau hinsehen, ist das sogar ein sehr großer Liebesbeweis unserer kleinen Sprösslinge. Sie vertrauen uns an. Bei uns fühlen sie sich sicher sagen zu können: Das mag ich nicht. Leider ist es oft gesellschaftlicher Druck ein Abzeichen zu einer bestimmten Zeit zu erlangen, ein Ziel jetzt endlich erreichen zu müssen, eine Angst, unser Kind könnte nicht dazugehören, die uns eben genau diese Gefühle unserer Kinder ignorieren lassen. Schlimmstenfalls wurden sie bei uns selbst ignoriert. Und so redete ich neulich mit einem unserer Schwimmkids und sagte: Weißt du was, ich habe auch Angst. Es: Echt wovor denn? Ich: Na vor Krokodilen zum Beispiel oder Höhenangst. Ein scheinbar unscheinbares Gespräch. Am nächsten Tag kommt der Vater des Kindes zu mir und sagt, weißt du was, mein Kind hat mich gestern Abend mit großen Augen im Bett gefragt, wovor ich eigentlich Angst habe und wir hatten das schönste und tiefste gemeinsame Gespräch zusammen.


Das verbindet! Echte Gefühle verbinden! Verletzlichkeit verbindet.


Erklärt euren Kindern wie es euch geht und was ihr fühlt und versucht der Ort zu sein, der ihnen Sicherheit gibt. Wir alle liegen mal falsch und schaffen es nicht jeden Tag, aber ihr werdet sehen: Wir brauchen den Kleinen gar nichts sagen. Zu dem richtigen Zeitpunkt fühlt es sich dann einfach richtig an und sie schwimmen los oder springen rein. In ihrem eigenen Tempo mit ihrem eigenen richtig empfinden. Und das ist auch gut so. Wenn wir wieder anfangen, uns Zeit zu nehmen, in die langsame, entschleunigte Welt einzutauchen, zu lauschen, wie es unseren Kindern geht, was sie gerade fühlen, ihnen mitteilen können, wie wir fühlen und ihnen erklären, was wir sagen und warum und was wir tun und warum, dann wird unsere Welt, in der wir leben, jeden Tag ein Stück wärmer, reicher und all unsere Familien erfahren ein Gefühl von Geborgenheit und tiefer Liebe, dass jeder gut so ist, wie er ist.


geschrieben von Luise.

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